.......WILDWUCHS statt UNIFORMIERUNG....VIELHEITEN statt EINHEIT....

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sozialstaatliche deklassierung.....

äusserungen, wie solche hier füllen in den letzten tagen die schlagzeilen. neben meldungen darüber, dass die wirtschaft jetzt richtig unter volldampf läuft und die terrorangst so gross wie nie ist, steht v.a.d. die zur 'DEFINITION EINER BEVÖLKERUNGSGRUPPE' verkürzte, zunehmende ARMUTSENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND zur debatte.
Barbara Stolterfoht:"Mich irritiert diese ganze Debatte. Dass Armut für die soziale Integration ein Risikofaktor ist, ist seit langem bekannt. Ebenso, dass arme Menschen schlechter ernährt, weniger gesund und für psychische Krankheiten anfälliger sind. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat schon 1989 den ersten Armutsbericht vorgelegt, also lange, bevor die Regierung welche erstellt hat – und überall stehen im Grunde ähnliche Erkenntnisse drin. Bisher hat es nur kaum jemanden interessiert. Jetzt auf einmal gibt es einen Medienhype. Es ist erschreckend, dass das Thema erst jetzt bei der politischen Klasse angekommen ist. Dabei gilt schon mindestens seit 15 Jahren: Die Zahl der Armen steigt, und sie werden ärmer. Zugleich werden die Reichen immer reicher, und ihre Zahl wächst ebenso. Die erschreckendste Zahl: Wir haben mit über 1,7 Millionen einen Höchststand an Kindern in Armut seit Bestehen der Bundesrepublik, wenn man mal die unmittelbaren Nachkriegsjahre herausnimmt."
Reicher Mann und armer Mann
Standen da und sahn sich an.
Und der Arme sagte bleich:
Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.

Bertolt Brecht
(aus dem Gedicht "Alfabet" 1934)

vor dem hintergrund der drei armutsprogramme der EU von mitte der 70er jahre bis 1990 wird auf der ebene der europäischen sozialpolitik über das thema armut diskutiert. seit spätestens 1990 wurde auf europäischer ebene ein 'PARADIGMENWECHSEL VON AUSGRENZUNG' vorgenommen:
Dr. Dietrich Engels - Lebenslagen und soziale Exklusion:
Soziale Exklusion /Inklusion als Schlüsselbegriffe der Sozialpolitik und der Soziologie:
Die Einführung der Begrifflichkeit von „Exklusion“ und „Inklusion“ erfolgte auf der Ebene der europäischen Sozialpolitik vor dem Hintergrund der drei Armutsprogramme der EU von Mitte der 1970er bis Mitte der 1990er Jahre. Zum Ausdruck kommt darin vor allem das französische Verständnis von „Exklusion“, das auf einem Grundverständnis der Gesellschaft als eines Kollektivs beruht, das für seine Mitglieder die erforderlichen Lebensbedingungen ermöglicht. Die Einbindung in die „Solidarität“ der Gesellschaft bildet die Grundvoraussetzung, aus der weitere Ausgestaltungen von Wohlstandsniveau und Lebensqualität erst folgen. Gesellschaftliche Risiken werden nach diesem Verständnis nicht primär in unzureichenden Mitteln des Lebensunterhalts gesehen, sondern grundlegender in einem Ausschluss bzw. Herausfallen von Individuen aus den gesellschaftlichen Systemen insgesamt."
....
"Das Konzept der sozialen Exklusion bzw. der dieser entgegen wirkenden sozialen Inklusion wurde auf europäischer Ebene eingeführt, um die Bestrebungen um gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bekämpfung von Armut in umfassender Weise zu erfassen. Gegenüber dem früher verwendeten „Armuts“-Konzept ist es breiter, d.h. ebenfalls mehrdimensional“ angelegt; statt auf konkrete Lebensbedarfe zielt es auf die relationale Position einzelner Gruppen innerhalb der jeweiligen Gesellschaft insgesamt ab. Schwierigkeiten bereitet es durch seine auf den ersten Blick recht schematische Innen-Außen-Differenzierung, die der in der Realität vorfindlichen abgestuften Differenzierung nicht gerecht zu werden scheint. Auch im Hinblick auf seine inhaltliche Erläuterung wirkt es recht abstrakt. Zudem hat es seine historischen Wurzeln im französischen Gesellschaftsverständnis und wirkt für andere europäische Kulturtraditionen recht sperrig. Die These der nachfolgenden Ausführungen ist, dass eine Kombination beider Konzepte einen Teil ihrer konzeptionellen Probleme lösen kann: Das Exklusions-/ Inklusionskonzept wird durch
die Verbindung mit dem Lebenslagen-Konzept gesellschaftstheoretisch ausgearbeitet, wodurch eine systematische Begründung von Indikatoren möglich wird.
Die Operationalisierung von Konstellationen der Lebenslage erfährt durch ein abgestuftes Exklusion-/ Inklusionskonzept eine methodische Präzisierung, wodurch dezisionistische Setzungen von Schwellen der Unterversorgung abgelöst werden können."
.....
"Das „Lebenslagen-Konzept“ in der Armutsforschung zielt darauf ab, dass nicht nur eine Dimension von Lebensqualität bzw. prekärer Lebensweise isoliert betrachtet, sondern die Mehrdimensionalität unterschiedlicher Lebensbereiche in ihrer Wechselwirkung analysiert werden soll. Die Stärke dieses Ansatzes liegt darin, dass Benachteiligungen und Einschränkungen der Lebensqualität nicht nur bezogen auf finanzielle Ressourcen bzw. materiellen Lebensstandard identifiziert, sondern auch immaterielle Ressourcen wie Bildung, Gesundheit und soziale Netzwerke berücksichtigt werden können."

es könnte die stunde der soziologen sein. aber, ich habe den eindruck, selbst wenn soziologen in der politischen landschaft zu wort kommen, ist manchmal mehr als vorsicht geboten. oft genug handelt es sich dabei eher um publicytiträchtige schnellschüsse aus elfenbeintürmen, deren fenster sich - in erster linie der aufrechterhaltung des eigenen sozialen status dienend - in schiessscharten verwandelt haben oder um meinungspolitisch zugerichtete, vereinfachte, verkürzte oder aus dem zusammenhang gerissene sätze. leider!

Professor Ronald Hitzler von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie:"Für Soziologen ist es beinahe belustigend, wie sich nun alle winden, um den Begriff Unterschicht zu vermeiden". Der Streit um eine neue Unterschicht in Deutschland ist auch zu einem Streit um Begriffe geworden. Für ihn gehört die Bezeichnung zum Rüstzeug der Gesellschaftsforscher: "Das ist ein rein analytischer Begriff. Er beschreibt, aber er wertet nicht."

"Mit einem soziologisch ausformulierten Karrierekonzept wurde in der bundesdeutschen Armutsforschung ausdrücklich nicht gearbeitet..., soziale Abstiegskarrieren blieben das verbindliche Modell", schreibt Monika Ludwig in 'Armutskarrieren - Zwischen Abstieg und Aufstieg im Sozialstaat'.
"Das Problem der "Neuen Armut" wurde der Arbeitslosenforschung zugeordnet.Diese Debatte war stark gesellschaftstheoretisch ausgerichtet und führte zum Begriff der "Zweidrittelgesellschaft". Dabei wurde diese durch Arbeitslosigkeit bedingte "Neue Armut" offensichtlich in Karrierebegriffen gefaßt, nämlich als Prozeß beruflicher und/oder sozialstaatlicher Deklassierung. Der Weg in die Armut wurde als Statusverlust gesehen, der durch die Sozial- und Machtstruktur der Gesellschaft vorgegeben ist und von den Betroffenen nur erlitten, nicht abgewendet werden kann. Langzeitarbeitslosigkeit, so eine weitere Annahme, werde erst durch die institutionelle Bearbeitung vollends zu einem Armutsproblem: die Arbeitslosenversicherung stufe Arbeitslose schrittweise herunter und bahne den Weg in die Armut ("Arbeitslosenrutsche") und die Fürsorgeinstitutionen schrieben dann diese Ausgrenzung aus der Gesellschaft fest (Lompe 1987, Döring u.a. 1990)." (siehe auch subkulturelle spuren)
dabei kommen und kamen armutskarrieren in der sozialen wirklichkeit
schon immer typischerweise
als ABSTIEGS-
UND
als AUFSTIEGSKARRIEREN
vor.
vielleicht will man den focus der politik ja gar nicht darauf richten, dass sich - wie ergebnisse der "differentiellen Arbeitslosenforschung" (Vonderach u.a. 1992, Kronauer u.a. 1993, Mutz u.a. 1995) - belegen, "Karrieren von randständigen Personen in verschiedene Richtungen entwickeln, ja sogar eine Überwindung sozialer Problemlagen möglich ist."
die frage wäre dann, warum? was gibt es zu gewinnen, was zu verlieren?
" drei Hypothesen über Lebensläufe, soziales Handeln und Institutionen im Armutsbereich als Eckpfeiler eines neuen, kontingenten Modells von Armutskarrieren:
1. Lebensverläufe sind selbst im Armutsbereich nicht vorgegeben, sondern "auch anders möglich" (also "kontingent"). Sie weisen unterschiedlichste Muster auf: sozialer Abstieg, Verfestigung, relative Stabilisierung und Konsolidierung auf niedrigem Niveau und echter sozialer Aufstieg sind zu beobachten.
2. Die betroffenen Individuen sind rational Handelnde, nicht nur passive Opfer der Gesellschaft. Unterschiedliche Verhaltensmuster wie Erleiden, abweichendes Verhalten und soziales Coping sind möglich. Die Armen sind nicht dauerhaft auf ein Muster festgelegt, sie verändern ihr Verhalten und erlernen neue Bewältigungsmuster.
3. Soziales Handeln ist auch in der Sozialhilfe möglich. Für den (Miß-) Erfolg des Handelns ist ausschlaggebend, daß sozialpolitische Institutionen, insbesondere Fürsorgeinstitutionen, nicht nur Kontrolle und Ausgrenzung bedeuten, sondern für ihre Klienten auch eine Hilfe sein können. Das Zusammenwirken von Handeln und Institution entscheidet über die Bedeutung der Sozialhilfe im individuellen Lebensverlauf."

aber, wie Barbara Stolterfoht in ihrem interview sagt: "Die Diskussion hat sich offenbar am Begriff «Unterschicht» festgemacht". und auch, wenn sie diesen begriff nicht nur diskriminierend, sondern auch falsch findet und in dem 500 seiten umfassenden papier der Friedrich-Ebert-Stiftung NICHT VON UNTERSCHICHT sondern von 'ABGEHÄNGTEM PREKARIAT' die rede ist, wir zwar Zitat Stolterfoht "eine Armutsbevölkerung, aber keine Unterschicht" haben, die armutsbevölkerung sehr heterogen ist: dazu "so unterschiedliche Menschen wie die Jungakademikerin, die sich von Praktikum zu Praktikum hangelt, der hoch qualifizierte ostdeutsche Facharbeiter, dessen Betrieb dicht gemacht hat, allein erziehende Mütter, der Angestellte bei der Allianz, der jetzt auf die Straße gesetzt wird, und gering Qualifizierte" gehören, wird sich an den wertungen, die die derzeitige diskussion vornimmt, so schnell nichts ändern. fakt ist, dass die diskussion, die stattfindet, wertungen vornimmt oder bereits vorhandene wertungen verstärkt!!!!

Der Tagesspiegel-online am 16.10.06 über die Studie des Instituts TNS Infratest im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung:


- 61 Prozent der Deutschen meinen, es gäbe keine „Mitte“ mehr, sondern nur noch ein „Oben“ und ein „Unten“.
- "Die neuen Armen, so heißt es weiter, zeigten „ausgesprochene Verunsicherung“, fühlten sich vom Staat alleingelassen. Selbst in den eigenen vier Wänden hätten sie „kaum das Gefühl, ihr Leben weitgehend selbst bestimmen zu können“.

nicht nur den betroffenen selbst erscheint ARMUT als UMFASSENDE MARGINALISIERUNG, die sozialen Abstieg (Statusverlust), individuelles erleiden und institutionelle ausgrenzung umfasst, sie wird durch die aktuelle politische diskussion auch noch 'amtlich' bestätigt!!!! so stabilisiert man verhältnisse, die letztendlich destabilisierend auf ein gesellschaftssystem wirken.

...die im Dunkeln sieht man nicht!... Armut und Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen in Hamburg, URSEL BECHER, AUGUST 2005:

"Bedenkt man, dass die Verfestigung und Aufrechterhaltung von Armut und Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen durch gesellschaftliche Stigmatisierungs- und Diskriminierungsprozesse sowie Segregation begünstigt wird, so muss es auf der gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Ebene zu einer Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen kommen. Wenn arme und benachteiligte Menschen sich in eine Gesellschaft integrieren sollen, muss diese Gesellschaft eine Bereitschaft zur Integration haben. Berücksichtigt man die Auswirkungen, die – neben finanzieller Armut – Stigmatisierungs-, Diskriminierungs- und Segregationsprozesse auf benachteiligte Familien haben, so wird deutlich, dass eine Veränderung des "sozialen Klimas" in der Gesellschaft erforderlich ist, um dieser Problematik zu begegnen. Das bedeutet Setzung von Werten wie Solidarität und Integrationskraft. Jeder Mensch hat den Anspruch, in seiner Eigen- und Besonderheit geachtet zu werden; das impliziert eine akzeptierende Einstellung und Haltung ihnen gegenüber. Dazu bedarf es eines Beitrages aller zu einer offenen, sozialen, gerechten – d. h.durch Chancengleichheit gekennzeichneten – Gesellschaft. "Gemeinschaft und Solidarität sind Dinge, die man lernt."


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