.......WILDWUCHS statt UNIFORMIERUNG....VIELHEITEN statt EINHEIT....

muelltonnenblogdmitschrift1



vamos a bailar...

ich höre BOLIVIANA (engl. bolivian girl) von IBRAHIM FERRER und...seltsame zufälle gibt es manchmal..... aber, wie heisst es so schön: "der weg entsteht im gehen'.... und dieser weg hat mich über deleuze/guattari zur sog. BOLIVARISCHEN oder korrekter BOLIVARIANISCHEN REVOLUTION geführt - ein gesellschaftspolitischer veränderungsprozess, der in venezuela zu beobachten ist und im wesentlichen dem venezolanischen präsidenten HUGO CHÁVEZ zugeschrieben wird, was aber - und jetzt komme ich zu DELEUZE/GUATTARI - RAUL ZELIK differenzierter sieht (Raul Zelik: Venezuelas "bolivarianischer Prozess". Mit Gilles Deleuze in Caracas).

boliviana ven
vamos a bailar
que contigo linda morena
me quiero casar

bolivian girl
let's dance
my dark beauty
I want to marry you

yo ne sé por qué en el barrio se ha corrido
que yo me estoy volviendo loco
quiere demostrarle al mundo que sepa
que hay una boliviana
que me tiene el cráneo roto

I don't know why but ther's a rumour
in the neighbourhood that I'm going mad
I want to tell the world
that it's the fault of a bolivian girl
she's the one making me crazy

ich kann ja kein spanisch und war froh, die übersetzung ins englische im cd-cover gefunden zu haben. zuerst hat mich nur der rhythmus und die heiter-wehmütig-vorantreibende stimmung des liedes angesprochen. es ist für mich das schönste lied auf der 'BUENOS HERMANOS'- CD. natürlich bin ich dann auch irgendwann auch beim text gelandet - harmlos, dachte ich zuerst - im kontext des oben angesprochenen politischen hintergrundes, erhält er allerdings eine viel tiefergehende bedeutung.

"Das, was von venezolanischen Aktivisten in Anlehnung an eine programmatisch postulierte zweite Unabhängigkeitsbewegung als „bolivarianischer Prozess" bezeichnet wird, ist ein von einem ehemaligen Putschisten angeführter gesellschaftlicher Demokratisierungsprozess, der gleichermaßen reformistische wie revolutionäre Züge trägt.
Die Person Chávez beherrscht als quasi-messianische Erscheinung die Bilderwelt dieses Prozesses, gleichzeitig jedoch hat das Fehlen von funktionierenden Parteien den Dynamiken von unten weitreichende Bewegungsspielräume eröffnet.....So gesehen ist das, was heute in Venezuela geschieht, hochgradig irritierend. Die Situation zeichnet sich durch einen ausgeprägten Caudillismus aus, ist aber gleichzeitig basisdemokratischer als etwa die sandinistische Revolution in Nicaragua. Chávez beansprucht, die mannigfaltigen, differenten Hoffnungen - um erste Begriffe von Deleuze/Guattari ins Spiel zu bringen - auf Veränderung zu verkörpern. Unterhalb dieser als kollektive Projektionsfläche fungierenden Gestalt jedoch fehlt bislang jener Repräsentationsapparat, der in parlamentarischen Demokratien, aber auch in sozialistischen Bewegungen bislang zuverlässig Spaltungen in Repräsentanten und Repräsentierte und damit Machtverhältnisse produzierte."


was er jedoch produzierte, war der "Bruch zwischen dem „Venezuela imaginaria" der Bessergestellten und dem „Venezuela profunda" der armen Mehrheiten. Es ist dieser umfassende Kollaps der Repräsentation, der schließlich dem Aufstieg von Chávez in den 1990er Jahren den Weg bereitete." dieser kollaps führte zu einer "MOLEKULARISIERUNG".
"Überall in der Gesellschaft bildeten sich solche molekularen Strukturen, ob nun in Form von Avantgardeparteien des Sozialbauviertels 23 de Enero, den Kooperativennetzwerken im Bundesstaat Falcón oder eben den Verschwörerzirkeln in den Reihen der Militärs." der zerfall in molekulare strukturen treibt die veränderungen in venezuela an.

"...was noch wichtiger ist - scheint der Transformationsprozess weder ein benennbares Subjekt noch eine wirkliche Entfaltung zu kennen. .....Glaubt man den Berichten von Stadtteilaktivisten in Caracas, bildeten sich in entscheidenden Momenten der gesellschaftlichen Auseinandersetzung - ...Formen des Handelns heraus, die mit politischer Subjektivität nur bedingt zu tun haben. ... Sie bewegten sich außerhalb dessen, was gemeinhin als politisch beschrieben wird, und hatten in dieser Hinsicht mehr mit den Jugendlichen gemeinsam, die im Herbst 2005 die Banlieues in Frankreich brennen ließen, als mit klassischen lateinamerikanischen Bauern- und Arbeiterbewegungen. ....die Verteilung der Güter entwickelte sich ...als, wie es bei Deleuze/Guattari heißt, "RHIZOMATISCHER PROZESS" Prozess. Es waren die vielfältigen Initiativen von Barrio- und Dorfbewohnern, die sicherstellten, dass die Güter auch tatsächlich verteilt wurden."

RHIZOM-DEFINITION: "Ein Rhizom ist also ein System, das ‚vielwurzelig' verflochten ist und nicht in einfachen Dichotomien aufgeht. ‚Ein Rhizom kann an jeder beliebigen Stelle gebrochen und zerstört werden, es wuchert entlang seiner eigenen oder anderen Linien weiter'". Seine einzelnen Punkte können und sollen untereinander verbunden werden (KONNEXION). Unterschiedlichste Sachverhalte können miteinander in Verbindung treten (HETEROGENITÄT). Das heißt allerdings nicht, dass es innerhalb eines rhizomatischen Wissens keine festen Strukturen geben kann. "Jedes Rhizom enthält SEGMENTIERUNGSLINIEN, nach denen es geschichtet ist, territorialisiert, organisiert, bezeichnet, zugeordnet etc.; aber auch DETERRITORIALISIERUNGSLINIEN, an denen es unaufhaltsam flieht" statt Einheiten werden bevorzugt VIELHEITEN beobachtet, die zugleich PLATEUAUS sind. „Jede Vielheit, die mit anderen durch an der Oberfläche verlaufende unterirdische Stengel verbunden werden kann, so dass sich ein Rhizom bildet und ausbreitet, nennen wir Plateau". (Deleuze/Guattari: Rhizom, S.16/S.35)

Wie wird es in Venezuela weitergehen? Der Aufbruch produziert Momente, die ihn blockieren. Dabei fordert das deleuzianische Vokabular allerdings dazu auf, diesen Effekt jenseits der Dichotomie „gute Basisbewegungen versus schlechte Regierung" zu denken. Es ist nicht so simpel, dass hier eine Regierung in autoritärer Absicht einfach die Bestrebungen von unten unterbinden wollte - in mancher Hinsicht kann man sogar das genaue Gegenteil beobachten....der Staat und v.a. die oberste Repräsentation des Prozesses, nämlich die Figur Chávez, sind gleichermaßen Voraussetzung und Haupthindernis der Emanzipation: eine Deterritorialisierungsbewegung, der ein Reterritorialisierungsimpuls eingeschrieben ist. Dem dynamischen Ausbruch aus der Unmündigkeit der klientelistischen Repräsentation, der ohne das Gravitationszentrum Chávez nicht möglich gewesen wäre, folgt die Einschreibung in ein neues Gefüge von Repräsentation, in der der Präsident gleichermaßen Projektionsfläche und Stichwortgeber gesellschaftlicher Wunschproduktion ist. Vor diesem Hintergrund sind die Grenzen der Revolution deutlich zu erkennen. Sprengen werden die Menschen in Venezuela sie nur können, wenn die Akteure, ähnlich wie Deleuze/Guattari, ein geradezu spielerisches Vergnügen an den Mannigfaltigkeiten entwickeln, an den unerwarteten Verbindungen und Wendungen. Die Regierenden müssten dabei die Bereitschaft aufbringen, in dem von ihnen ausgelösten Prozess erneut zu diffundieren und das, was sie mühsam an alternativer Verwaltung und Zentralisation geschaffen haben, sofort wieder zur Disposition zu stellen. Mit Anarchismus hätte das nichts zu tun. Eher schon mit rhizomatisch wachsenden Sprossachsensystemen."

boliviana ven
vamos a bailar
que contigo linda morena
me quiero casar


man kann es einfach oder kompliziert sagen......

danke ibrahim ferrer.....
spieler7 (Gast) - 19. Feb, 18:21

Ich verfolge die Entwicklung in Venezuela und anderen Ländern der Region mit großem Interesse und hoffe, dass es dauerhaft gelingt, einen Gegenentwurf zum "american way" zu etablieren.

Sehr schön, der Song von Ibrahim Ferrer.

Gruß

der Spieler

wildwuchs - 19. Feb, 21:13

das hoffe ich auch. mehr noch hoffe ich, dass uns dieser gegenentwurf auch jetzt schon für die politik bei uns anstösse gibt. wir haben es bitter nötig.

lg
Sirena (Gast) - 24. Aug, 19:32

Quasar hat einen sehr guten Artikel zu dem Thema in seinem Blog:

http://quasar.blog.de/2007/08/23/ignacio_ramonet_von_le_monde_diplomatiqu~2859733

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